Wallfahrtsorte

Auf dem Gebiet der Freine Prälatur Schneidemühl gab es zwei Marienwallfahrtsorte: Schrotz (Skrzatusz) und Rokitten (Rokitno).

Schrotz

Gemischte Wallfahrergruppe vor der Kirche in Schrotz 2013

Im Marienwallfahrtsort Schrotz (Skrzatusz) wird eine wundertätige Pieta der schmerzhaften Gottesmutter mit ihrem toten Sohn Jesus verehrt. Die Pieta aus dem 15. Jahrhundert ist ca. 80 cm hoch, aus Lindenholz geschnitzt und farbig gestaltet.

Gemäß der Legende befand sich die Pieta in einer Kirche im Tützer Gebiet (Tuczno). In einer anderen Quelle wird die Kirche von Mellentin (Mielecin) genannt. Entweder durch protestantische Bilderstürmer oder schwedische Soldaten, die während des Schwedisch-Polnischen Krieges (1655-1660) Kirchen in der Tützer Gegend verwüsteten, wurde die Pieta in einen See oder Dorfteich geworfen. Die Quellen sind hier leider nicht eindeutig. Ein Schneidemühler Töpfer fand die Pieta und brachte sie nach Schrotz.

Die Verehrung der Pieta in Mellentin übertrug sich auf Schrotz. Zahlreiche Krankenheilungen und Gnadenerweisungen wurden dokumentiert. Der Starost Adalbert von Breza-Goraj aus Neuhof (Nowy Dwór) ließ in den Jahren 1687-1694, die im sogenannten italienischen Jesuitenbarock erbaute Wallfahrtskirche errichten. 1698 wurde die Kirche mit Fresken ausgemalt. 1701 erfolgte die Weihe der Wallfahrtskirche durch den Posener Bischof Hieronim Wierzbowski.

Ein Förderer von Schrotz war der polnische König Jan III Sobieski, der hier für den Sieg über die Türken vor Wien 1683 beten ließ.

Nach einer alten Pfarrchronik fanden hauptsächlich Prozessionen zu den Festen Mariä Himmelfahrt (15. August) und Mariä Geburt (8. September) statt.

Ab 1920 gehörte Schrotz zunächst zur Erzbischöflichen Delegatur Tütz, aus der dann später die Freie Prälatur Schneidemühl hervorgegangen ist.

Im Januar 1945 wird Schrotz von der sowjetischen Roten Armee eingenommen. Die deutsche Bevölkerung musste 1946, sofern sie nicht schon 1945 auf die Flucht gegangen ist, Schrotz verlassen.

Von 1951 bis 2001 waren polnische Salesianer in Schrotz tätig. 1972 wurden in den ehemaligen deutschen Ostgebieten neue polnische Diözesen geschaffen. Schrotz gehört jetzt zur Diözese Köslin-Kolberg (Koszalin-Kolobrzeg). 1988 wurde die Pieta vom damaligen polnischen Primas Jozef Glemp gekrönt. Seit 2016 sind Ordensschwestern in Schrotz tätig. Hinter der Wallfahrtskirche ist in den letzten Jahren ein Mariengarten mit Kreuzweg, Kreuzberg und Marienquelle entstanden. 2017 wurde das neue Pilgerheim geweiht.

Auf ihren Wallfahrten zu den Gnadenstätten im Prälaturgebiet sind die Gläubigen aus der Freien Prälatur Schneidemühl regelmäßig nach Schrotz gefahren. 2005 konnte die Orgel in der Wallfahrtskirche mit finanzieller Unterstützung der Prälaturianer durch die Orgelbaufirma Sauer aus Frankfurt (Oder) renoviert werden.

Am 02.07.2017 wurde die Gedächtniskapelle der Freien Prälatur Schneidemühl durch den kolberg-kösliner Weihbischof em. Pawel Cieslik und Präses Bernhard Klatt geweiht. Die Gedächtniskapelle befindet sich im Mariengarten hinter der Wallfahrtskirche auf einer Anhöhe. Sie erinnert auf ehemaligem Prälaturgebiet an die Freie Prälatur Schneidemühl.

Rokitten

Innenansicht der Wallfahrtskirche in Rokitten

Rokitten (Rokitno) ist ein Marienwallfahrtsort in der Nähe von Meseritz (Międzyrzecz).
Im Hochaltar der barocken Wallfahrtskirche befindet sich das Gnadenbild der geduldig zuhörenden Muttergottes von Rokitten.

Die Geschichte des Bildes ist nicht vollständig bekannt. Es wurde wahrscheinlich zu Beginn des 16. Jahrhunderts auf Lindenholz gemalt. Es zeigt die Muttergottes, mit einem vom Schleier freigelegten Ohr, weswegen sie als zuhörende Muttergottes bezeichnet wird. Marias Kopf ist nach links geneigt, mit gesenktem Blick schaut sie anmutig nach unten. Das Bild ist 40 cm hoch und 27 cm breit.

Über verschiedene Stationen gelangte das Bild in die Familie Opalinski. Schließlich erbte der Zisterzienserabt Johann Kasimir Opalinski das Bild von seinen Eltern. Die Mutter des Abtes soll geäußert haben, dass der, der dieses Bild erhält, einen großen Schatz haben wird.

Durch den polnisch-schwedischen Krieg (1655-1660) und Pestausbrüche waren weite Teile des Landes verwüstet und entvölkert. Viele Kirchen waren zerstört und Priester umgekommen. Im Rahmen der Gegenreformation unterstellte der Posener Bischof Adalbert Tholibowski Rokitten dem Zisterzienserkloster in Blesen (Bledzew), in dem Johann Kasimir Opalinski Abt war.

Die Zisterzienser sorgten zunächst für den Bau einer neuen hölzernen Kirche, in die 1669 das Muttergottesbild von Abt Opalinski aufgestellt wurde. Auch der Abt verehrte das Bild, das ihn durch die Führsprache der Mutter Gottes von einer unheilbaren Krankheit geheilt haben soll. Es geschahen wundersame Gebetserhörungen, und von nah und fern strömten die Gläubigen zum Gnadenbild in Rokitten. Der Bischof von Posen beschloss daraufhin, eine theologische Kommission zu berufen, die die Wunder und Gnadenerweisungen untersuchen sollte. 1670 wurde das Gnadenbild kirchlich anerkannt.

Der Ruf des Bildes verbreitete sich über das ganze Land; 1671 wurde es auf Wunsch des polnischen Königs Michal Korybut Wisniowiecki nach Warschau gebracht. In Lublin sollen Gebete vor dem Gnadenbild für eine friedliche Lösung eines Konflikts mit dem polnischen Adel gesorgt haben. Als Zeichen der Dankbarkeit stiftete König Michal Korybut Wisniowiecki das Bild eines weißen Adlers mit der Aufschrift „Da pacem Domine in diebus nostris“ („Gib Frieden in unserer Zeit, oh Herr“) sowie die königliche Krone, die seitdem das Gnadenbild zieren. Er stellte zudem das Gemälde einige Zeit in seine Kapelle im Königlichen Schloss in Warschau. 1671 stimmte der König zu, dass das Bild wieder nach Rokitten zurückgebracht werden soll.

Die barocke Wallfahrtskirche in Rokitten befindet sich auf einer kleinen Anhöhe; Stufen führen zu ihr herauf. Die dreischiffige Hallenkirche wurde von 1746 – 1748 errichtet. Das Gotteshaus wurde zunächst geweiht und erst 1848 vom Erzbischof von Gnesen und Posen, Leo Przyluski, konsekriert. Zwei Türme mit obeliskartigen Helmen bestimmen die Hauptfassade.

Ab 1920 gehörte Rokitten zunächst zur Erzbischöflichen Delegatur Tütz, aus der dann später die Freie Prälatur Schneidemühl hervorgegangen ist.

Nach dem Zweiten Weltkrieg mussten die deutschen Bewohner von Rokitten -sofern sie nicht vorher vor der Roten Armee geflohen waren- ihre Heimat verlassen. Das Gnadenbild wurde vor dem Einmarsch der Roten Armee versteckt. Nach dem Kriegsende wurde es wiedergefunden und in Polen restauriert.

Nach dem Krieg entstand in Polen der Wunsch, das Gnadenbild zu krönen. Die Krönung fand schließlich am 18. Juni 1989 im Rahmen eines festlichen Gottesdienstes mit mehr als 120 000 Gläubigen durch den damaligen polnischen Primas Józef Glemp statt.

Anfang der 2000er Jahre wurde die Wallfahrtskirche in Rokitten zur Basilica Minor erhoben.

Hinter der Wallfahrtskirche befindet sich ein Sanktuarium mit Kalwarienberg. Verschiedene Kapellen und Gebetsorte erinnern an andere Marienwallfahrtsorte. Im Sanktuarium befindet sich auch, etwas versteckt, die Kapelle des deutschen Pfarrers aus der Freien Prälatur Schneidemühl GR Hubert Stankiewicz, der 1912 in Rokitten geboren wurde. Eine Gedenktafel an der Kapelle erinnert in deutscher Sprache an sein 60-jähriges Priesterjubiläum 1996 in Parchim.

Nach dem Krieg sind die Gläubigen aus der Freien Prälatur Schneidemühl regelmäßig im Rahmen Ihrer Wallfahrten nach Rokitten gefahren, um vor dem Gnadenbild der geduldig zuhörenden Muttergottes eine Messe zu feiern.